Brücke über stillem Wasser
Es hat etwas durchaus klug gegenstrebiges, unzeitgemäßes und nicht rückwärtsgewandtes, wenn man, wie Milena Aguilar Landschaft, ja Idyll malt und als Vorbild Maler wie Camille Corot oder Pissarro nennt.
In der Kunst waltet ja als Last, als Ballast der Avantgarde sozusagen, der Druck des Aktuellen, der neuesten Moden; das gerade Angesagte ist das Wichtigste, und darüber hallt das Geschrei der Konkurrenz und Reklame. Einträgliche Kunst ist eine hochexklusive Angelegenheit, weil die Zahl der Berühmtheiten und Erfolgreichen ein gewisses Maß nicht überschreiten kann. (In Deutschland mag es etwa 50 davon geben.) Die Massen an Kunstschulabsolventen und Kunstbeflissenen stürmen also voll besetzte und gut befestigte Bastionen. Darum auch so viel Eifer, soviel Aufsehen-machen und Großformat und Nacktperformance oder politisches Gesinnungstum bei den Nachrückenden, bei den Aufstrebenden. – Eitles, eiferndes Bemühen. Sich dem zu widersetzen ist wenig erfolgversprechend – aber gleichwohl das Beste, das Klügste. Da setzt man sich besser in die Natur und malt beharrlich Landschaft auf hierzu geeigneten Formaten. (Was übrigens keine schlechte Performance ist; die Erlebnisse bei der „Freilichtmalerei“, sollen, wie ich höre, mitunter ziemlich abenteuerlich sein. Insofern birgt jedes der Landschaftsbilder eine eigentümliche Geschichte seiner Entsteheung.) Dieses Freilichtmalen Milena Aguilars ist allerdings kein „Impressionismus“ oder „Neo-Impressionismus“, gleichwohl Resultat von Impressionen im Sinne optischer Eindrücke. Und das ist auch nicht naiv oder überkommen, nein, in meinen Augen ist das so etwas wie die leichtere Fassung einer Maxime Hans Imhoffs, der für den vollkommenen Stil „steilste Modernität bei strengster Archaik“ aufruft. Dieser Bogen ist hier allerdings zu stark gespannt! Auf Milena Aguilars Landschaften sieht man eher eine Komposition aus luftigem Himmel über heiterem Grund. Es waltet in ihren Landschaftsbildern die Seelenruhe der Imitatio und ein tiefes Vertrauen in den Augenschein. Die Landschaften liegen gleichmütig da, mit Einfühlung gemalt, aber beinahe kalt, unnahbar. Überdies sind Blatt, Baum, Wald, Weg, Gebäude ohnehin stumm und – einfach nur da. Gemalt haben diese Dinge die Anmut und Gelassenheit des Einfachen, und darunter, dahinter ist nichts als die Leichtigkeit und Tragfähigkeit der Oberfläche, welche ja nichts als Leinwand und Malgrund ist. Solch ein Tun und Schaffen widersetzt sich dem Tiefsinn – und auch dem Trübsinn! Es erfreut die Kunst Milena Aguilars Seele und Auge. Thomas Kapielski, Freier Autor und Publizist Sprache: Deutsch / Englisch