SHOOT!
Fotografie existentiell
Clément Chéroux, Rencontres d’Arles, Museum für Photographie Braunschweig
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg tauchte eine kuriose Attraktion auf den Jahrmärkten auf: der Fotoschuss. Traf ein Schütze in die Mitte der Zielscheibe, löste er eine fotografische Apparatur aus, die ihn augenblicklich und in voller Aktion festhielt. So gewann er anstelle einer Packung Pralinen, eines großen Luftballons oder eines Plüschbären ein Portrait von sich, das ihn beim Schießen zeigte. Die besondere metaphorische Aufladung des Fotoschusses entging niemandem, beruht doch die Konstellation aus Apparatur und Akt auf einer befremdlichen Nähe zwischen dem Schießen und dem Fotografieren, zwei zwillingshaften Praktiken, wovon schon die Gemeinsamkeiten des Wortschatzes zeugen: das Shooting, das Anvisieren, das Nachladen, etc. In diesem tödlichen Duell entsteht jedoch ein Bild. Betrachtet der Schütze nach dem Schuss sein Porträt, so entdeckt er darauf, wie er auf sich selbst anlegt und schießt.