Clemens-Schultz-Straße 43/3.OG
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„Clemens-Schultz-Straße 43“ lautet der Titel. Die Adresse ist die bürokratisch korrekte Bezeichnung der Privatwohnung des Zeichners und Malers. Wer private, gesteigert noch, eigene Wohnungen beschreibt oder zum Sujet hat, betreibt Seelenarchitekturanalyse.
Henrik Hold zeigt Wohnungsinterieurs. Er betreibt Architekturanalyse und erforscht das körperhaft Alltägliche von Artefakten, die uns umgeben. Wieder wölbt sich das Sitzkissen des Küchenstuhls in einen grauen Tag. Anders als bei der Erinnerung an Wohnungen, in denen man als Kind zu Gast war, deren Genauigkeit allein aufgrund der sich im Laufe des Lebens unweigerlich verschiebenden Größenverhältnisse zu wünschen übrig lässt, bekommt man es bei den Malereien von Henrik Hold mit einem aktuellen Blick in eine sogenannte Privatsphäre zu tun und gleichzeitig mit einer Studie zur momentanen Wohnungsbauarchitektur der öffentlichen Hand: Dachschräge, Südseite, Veluxfenster, Einbauküche über Eck, in deren Winkel sich einige Flaschen zusammendrängen wie in Reminiszenz an Stilleben Morandis.
Im Gegensatz zu den Supermodels der Stilllebenmaler, die nur für ihn arbeiten mussten, gilt für die Objekte der Interieurmalerei von Henrik Hold, immer die gleichzeitige Verfügbarkeit im Alltag. Seine Bilder sind zur Ewigkeit gedehnte Momente, die in der Realität jeden Moment veränderlich sind. Diese Räume sind bewohnt, wie auch die Wohnung des dänischen Malers Vilhelm Hammershøi bewohnt war. Die Wohnungseinrichtung der Clemens-Schultz-Straße 43 bekommt nichts szenisches, bühnenhaftes, keine Narration drängt sich dem Betrachter auf. Es gibt keine kippenden oder beweglichen Konstellationen, die Erwartungen schüren. Das Einzige was sich für den Betrachter bewegt, ist der Sonnenstreifen, der durch die Fenster fällt, oder es regnet gegen die Scheiben. Als letztes Überbleibsel natürlicher Abläufe, die einem Stadtbewohner im Gehäuse bleiben.
Ruhe ist nicht das Wort für die Atmosphäre der Bilder, es ist als wüchsen einem die Bildgegenstände langsam entgegen, wie ein unaufdringliches Insistieren auf eine körperliche Gegenwart im Leben. Wieder wölbt sich das Sitzkissen des Küchenstuhls in einen grauen Tag.
Henrik Hold (* 1971 in Böblingen) studierte zwischen 1993 und 2001 an der Hochschule für bildende Künste Hamburg bei KP Brehmer und Pia Stadtbäumer.