Article Number: 2225
Soft Cover, German, Glue Binding, 48 Pages, 2008, Secession
DAVE ALLEN

DAVE ALLEN

CANON TO THE HAMMER OF THE GODS

availability unknown, if interested please write an email

Dave Allens künstlerische Praxis ist von einer intensiven Auseinandersetzung mit Musik gekennzeichnet. War er zu Beginn der 1990er-Jahre stark an der kollektiven Erfahrung von Pop und Rock und deren identitätsstiftender Funktion in der Jugendkultur interessiert, arbeitet er in den letzten Jahren zunehmend mit Kompositionen zeitgenössischer Musik. In seinen Um- und Übersetzungen in Videoinstallationen, Performances, Zeichnungen, Soundinstallationen oder Arbeiten, die Allen über das Medium Radio realisiert, spielen Verfahren der Vertextlichung und kommunikative Prozesse eine wichtige Rolle.

Die Soundarbeit / Wandzeichnung CANON TO THE HAMMER OF THE GODS, die Dave Allen für die Ausstellung in der Secession konzipiert hat, thematisiert auf verschiedenen Ebenen das Phänomen der Mythenbildung und den heutigen gesellschaftlichen Umgang damit. Tonangebendes und verbindendes Motiv der Arbeit, zu der auch eine Performance zählt, ist der Takt eines dreimaligen Trommel- /Hammerschlags. Die dem musikalischen Verfahren des Sampelns und Mixens verwandte Herangehensweise erlaubt es Allen, sehr unterschiedliche (historische) Topoi nach dem Prinzip der freien Assoziation miteinander zu verflechten, um einen neuen, skurrilen Narrationsstrang zu bilden.

Mit DANCE WITH THE DEVIL landete der legendäre Drummer Cozy Powell (u.a. Mitglied der Hard Rock-Bands Black Sabbath und Whitesnake) 1973 einen Hit in den UK-Charts. Der früh verstorbene Musiker wurde fortan Inspirationsquelle und Identifikationsfigur für viele junge Schlagzeuger. In CANON TO THE HAMMER OF THE GODS ergänzt Allen die Beats des Cozy Powell-Instrumentals mit Lyrics, die die Geschichte der Grundsteinlegung der Secession frei nacherzählen. Die Grundsteinlegung des Secessionsgebäudes am 28. April 1898 soll mit drei Hammerschlägen des damaligen Präsidenten Gustav Klimt besiegelt worden sein. In Anwesenheit u.a. von Ehrenpräsident Rudolf von Alt und Gründungsmitglied Alfred Roller sowie einiger Zaungäste sollen auch feierliche Ansprachen gehalten worden sein, von denen jedoch keinerlei Aufzeichnungen mehr existieren.

Die Performance Dave Allens im Rahmen seiner Ausstellung rundet den assoziativen Mythologien-Kreis mit einer Interpretation der nordischen Sage über den Donnergott Thor ab. Als Attribut für seine Stärke verfügt Thor über einen Hammer, der – ebenso wie der Überlieferung nach jener, den Klimt bei der Grundsteinlegung verwendet hatte – gestohlen wurde.

Allein der Titel CANON TO THE HAMMER OF THE GODS verdeutlicht die ironische Haltung des Künstlers gegenüber der Mysthifizierung von sogenannten Kultfiguren unserer Gesellschaft; eine Haltung, die zwischen Sehnsuchtsdenken und kritischer Distanz oszilliert. In einer Zeit, in der die Verfügbarkeit der Quellen ungleich größer ist als je zuvor, macht Allens Methode der Mythenbildung deutlich, wie beliebig – und hinterfragbar – die ProtagonistInnen der neuen Kult-Kultur mitunter sind.

In den Kontext dieser Installation stellt Dave Allen zwei frühere Arbeiten: Die Soundarbeit NEAR AN OPEN WINDOW (2004) und die Vierkanal-Videoinstallation LIVE VERSION (1993).

Während der Präsentation von THE MIRRORED CATALOGUE D’OISEAUX in der Halle für Kunst Lüneburg (2002) wurden Tonaufnahmen des Gesangs von Spottdrosseln gemacht, nachdem diese eine Zeit lang Kompositionen von Olivier Messiaen gehört und deren Melodien in ihr Repertoire aufgenommen hatten. Für NEAR AN OPEN WINDOW wird die Aufnahme der schon adaptierten Drosselgesänge über einen Lautsprecher anderen Vögeln in ihren gewohnten Umgebungen vorgespielt, die wiederum die Melodie zu imitieren versuchen. Im Idealfall findet ein Rückkopplungseffekt zwischen dem technisch reproduzierten und dem natürlichen Gesang/Sound statt.

LIVE VERSION zeigt den Künstler, wie er STAIRWAY TO HEAVEN (1971) von Led Zeppelin, einen der berühmtesten und wohl meist gecoverten Songs der Rockgeschichte, einstudiert, auf der Gitarre, am Bass, am Schlagzeug und als Sänger. Erfolg und Versagen halten sich dabei die Waage. Dave Allen thematisiert auch hier die Dialektik von direkter Überlieferung und persönlicher Interpretation vs. einer vermeintlich objektiven, akademisch abgesicherten Wissensvermittlung. Musik und damit Kunst an sich, ist für ihn dabei weniger ein Repräsentationsmedium, sondern vor allem ein Mittel der Interaktion und der Kommunikation

D/E