Die Regierung
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Das Thema dieser Ausstellung ist nicht sonderlich originell. Bereits Mitte des 14. Jahrhunderts interessierte sich die Kunst für eine Darstellung der Wirkung von Regierung – auf Menschen, Tiere, Landschaften und Ökonomien (Ambrogio Lorenzetti, Allegorie der guten und der schlechten Regierung , Rathaus Siena). In ähnlichem Sinne, obgleich ein paar Jahrhunderte später, machte der französische Philosoph Michel Foucault den Vorschlag, Regierung im Sinne von Handlungen zu verstehen, die auf andere Handlungen (die Handlungen anderer) einwirken.
Eine solche Konzentration auf Handlungsräume hat Vorteile, jedenfalls wenn es mit ihrer Hilfe gelingt, den bekannten Freund-Feind-Schemata sowie den schalen Gegensätzen von Individuum und Staatsmacht, von lokalen und globalen Verhältnissen auszuweichen, und die Dinge neu und anders zu sehen. (Dennoch bleibt es wichtig, gewisse Dinge, Folter zum Beispiel oder Abschiebung, nicht neu und anders zu sehen, sondern immer wieder als das zu benennen, was sie sind).
Paradiesische Handlungsräume ist also ein Versuch, die verdichteten Handlungen der Kunstwerke in der Form der Ausstellung weiter zu tragen, wenn nicht gar zu verschmelzen. Es entsteht eine Art dreidimensionaler Film, der die BetrachterInnen in sein kompositorisches Tun zu involvieren sucht: jeden Dienstag verändert die Ausstellung ihre Erscheinung, es wechselt die Mis-en-scène, wobei die einzelnen Einstellungen einander kommentieren, revidieren und überlagern, Werke verschieden kontextualisieren oder in die Beziehungslosigkeit entlassen. Vielleicht, so die Hoffnung, gelangen wir auf diese Weise zu einem dynamischen Bild unserer Welt, einem Bild, in dem wir darüber hinaus selbst mitspielen.
Da wir es ernst meinen mit der Behauptung, dass das Publikum erst in der Kunstwahrnehmung entsteht, interessieren uns die Effekte unseres experimentellen Handlungsraumes auf die AusstellungsbesucherInnen. Um diese Effekte wiederum im Verlauf der Ausstellung wahrnehmen zu können, haben wir einen Teil der Ausstellung vorgelagert, in die Ausbildung von SchülerInnen, die im Rahmen der Ausstellung Verantwortung für die Vermittlung derselben übernehmen werden. Wer will, kann sich also wöchentlich bei den Dialogführungen von SchülerInnen in die Geheimnisse der einzelnen Arbeiten und ihrer Zusammenhänge einweihen lassen.
Sonia Abián / Carlos Piegari, Ibon Aranberri, Maja Bajević, James Coleman, Alice Creischer, Danica Dakić, Ines Doujak, Peter Friedl, Andrea Geyer, Sanja Iveković, Ambrogio Lorenzetti, Rainer Oldendorf, Lisl Ponger, Alejandra Riera / Fulvia Carnevale, Dierk Schmidt, Allan Sekula, Andreas Siekmann, Hito Steyerl, Jürgen Stollhans, Archivo Tucumán Arde (Graciela Carnevale), Francesca Woodman, Olivier Zabat u.a.
kuratiert von Ruth Noack und Roger M. Buergel
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