Article Number: 2207
Soft Cover, English, Thread Stitching, 124 Pages, 2006, Secession
CLEGG, GUTTMANN

MACH VS. BOLTZMANN

availability unknown, if interested please write an email

Individuelle Erfahrung und statistische Berechnung – das sind die Pole, zwischen denen sich Ende des 19. Jahrhunderts eine Debatte abspielte, die über ihren philosophischen Gehalt hinaus das politische Denken der Zeit ebenso beeinflusste wie die Durchsetzung modernistischer Kunst.

Wenn Clegg & Guttmann in der Secession diese Diskussion anhand der Positionen Ernst Machs und Ludwig Boltzmanns rekonstruieren, hat dies unmittelbar mit der Geschichte des Hauses zu tun – nicht im Sinne einer retrospektiven Darstellung, sondern als Einladung, sich Aspekten der Debatten des Wiener Kreises mit dem eigenen Leibe auszusetzen: Acht Stationen bieten Übungen an, die auf die Problemstellungen referieren, zu denen ein Künstlerbuch wissenschaftliche, historische und intellektuelle Hintergründe liefert.

Die Ausstellung schließt an frühere Arbeiten des Künstlerduos an, bei denen sich Funktionen und Funktionalisierungen historischer, öffentlicher und institutioneller Räume überschnitten. Ob sie Strukturen des ersten internationalen zionistischen Kongresses rekonstruieren, für Berlin ein Monument for Historical Change entwerfen oder Bibliotheken einrichten, die unkontrolliert zugänglich sind: Sie nehmen in jedem Fall die BetrachterInnen als BenutzerInnen ihrer Arbeiten in die Pflicht, sich diese Orte als historische und öffentliche anzueignen.

So auch in der Secession: Die Ausstellung von Clegg & Guttmann ist – um Ernst Machs Begrifflichkeit zu benutzen – eine ideelle Konstruktion, bestehend aus einer räumlichen und zeitlichen Komposition in acht Teilen. Aus der Sichtweise von Ludwig Boltzmann wiederum lässt sie sich als eine vom frühen Modernismus angeregte Abfolge von Wahrnehmungsübungen verstehen, die die kognitiv-emotionelle Versöhnung mit dem Chaos zu fördern suchen. Die Installation kann wie ein Parcours verstanden werden: Manche der Übungen wenden sich an Einzelpersonen, die sich beipielsweise am Schlagzeug dem Rhythmus einer Maschine anpassen oder verweigern können; andere sind in Gruppen durchzuführen, wenn etwa das „Gefangenendilemma“ mit dem eigenen Körper als Spielfigur nachgestellt werden kann.