Hard Cover, German, Staple Binding, 91 Pages, 2009
SECRET SPOT
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FotografInnen wollen Geschichten erzählen. Dabei erheben sie oft den Anspruch – sofern sie einen dokumentarischen Zugang wählen – diese Geschichten den Geschehnissen, die sie erleben, zu entnehmen und realistisch festzuhalten.
Will man mit einem solchen Vorgehen das Treiben der Menschen im urbanen Raum ablichten, dann wird man mit Restriktionen rechnen müssen. Denn zum einen wird der Fotograf, der sich einem sozialen Geschehen nähert, dieses durch die Anwesenheit seiner Kamera irritieren und dadurch wird die Situation eine andere, als die, die sich ohne die fotografische Intervention zugetragen hätte. Zum anderen ist der Fotograf, der seinen Blick durch den Sucher der Kamera manövriert und dabei versucht die Situation für das Bild auf kompositorische Details abzustimmen, bei der Wahrnehmung des Geschehens stark beschränkt. Auch wenn Fotografinnen und Fotografen viel sehen und erleben möchten, so sind sie, durch den Akt des Fotografierens, dabei gestört. Und diese Störung wirkt sich nicht nur auf ihre individuelle Wahrnehmung, sondern auch auf die Situationen von denen sie berichten wollen, aus.
Die vorliegende Arbeit SECRET SPOT entstand aus diesem Problem heraus. Die Kamera sollte verschwinden und der Blick des Fotografen befreit werden. Nur auf diese Weise würden Eindrücke unverzerrt gesammelt werden, und als Erlebnisse des Fotografen gelten können.
Ein Tetrapack und die Jackentasche dienten dem Fotografen als Verstecke für die Kompaktkamera. Das kleine Loch für das Objektiv würde von niemandem bemerkt werden. Der Fotograf konnte nun durch die Straßen von Wien und Berlin streichen und versuchen, die sich zutragenden Ereignisse einzufangen. Versuchen wohlgemerkt, denn sein Blick wurde nicht dem Sucher gewidmet, sondern dem Geschehen. Nur beiläufig könnte es festgehalten werden – falls der Tetrapack oder die Jackentasche günstig positioniert sind.
Was wir auf diesen Bildern zu sehen bekommen, sind Zufälle und Ausschnitte. Situationen, die sich zugetragen haben und wie sie sich auch ohne ihre Dokumentation zugetragen hätten. Sie erzählen von den Erlebnissen des Fotografen, der sich an dem Zufall und Ausschnitt des Festgehaltenen ebenso erfreut, wie ein anderer Betrachter sich erfreuen kann.
Neben die Menschen, deren Gesichter, Stiefel und Hunde und zwischen die Schaufenster, Straßenbahnen und Rinnsteinen, mischen sich auch Selbstportraits des Fotografen. Er gibt sich zu erkennen. Es sind seine Erlebnisse und seine Geschichten, erzählt aus seiner Perspektive. Er ist nicht nur Beobachter des Geschehens, sondern er ist mittendrin. Partizipant und Teilnehmer. Auch wenn SECRET SPOT einen dokumentarischen Ansatz verfolgt und diesen auf die Spitze treibt, unterstreicht die Arbeit die Unmöglichkeit einer Geschichte ohne ihren Erzähler.