SIEV-X
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»SIEV-X« – »Suspected Illegal Entry Vessel« – lautet der australische Verwaltungsausdruck für Boote auf dem Weg nach Australien. Das hinzugefügte X steht für jene Passagiere, die im Sinne der Bürokratie keine individualisierte Erwähnung finden. Sie haben zumeist kein Gesicht und keinen Namen. Wenn es zudem keine Medienbilder gibt, erscheinen Dinge ungeschehen. Von einem Schiffsuntergang, bei dem im Jahr 2001 vor der australischen Küste 353 Menschen den Tod fanden, zeugten zumindest eine Zeitungsnotiz, Gerüchte sowie Gedächtnisprotokolle von Überlebenden, welche ein Mitglied der Moschee in Sydney angefertigt hatte.
Als „SIEV-X“ Anfang 2002 erstmals in Deutsch und Englisch öffentlich wurde, setzte es sich als Name für dieses namenlose Boot durch, zugleich aber auch als ein Sinnbild für die rigorosen Methoden in der restriktiven Flüchtlingspolitk unter Premierminister John Howard, die damals verstärkt diskutiert wurden.
Der Untergang des völlig überladenen Fischerboots wurde von australischer Seite gebilligt, provoziert, vielleicht sogar über verdeckte Ermittler initiiert. Es sollte sinken, um die Fluchtbewegungen aus den damals aktuellen Kampfzonen Afghanistan und Irak ebenso demonstrativ wie abschreckend zu stoppen. Dass es keinerlei fotografische Dokumentationen dieses (migrations-)politischen Desasters gibt, ist nicht nur für die Bildpolitik der Massenmedien bezeichnend, sondern auch ein Anlass, die politische Potentialität des Genres des Historienbildes neu zu überdenken.
Ein Bildzyklus in drei Teilen, Gespräche und Texte.