Tschechen in Wien
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Wien als Metropole der Habsburger-Monarchie lockte seit Mitte des 19. Jahrhunderts Arbeitskräfte aus nahe gelegenen Gebieten Südmährens und Südböhmens an. Die tschechischen und slowakischen Zuwanderer wurden in Industrie und Gewerbe, aber auch im Dienstleistungssektor – Stichwort böhmische Köchinnen und Dienstboten – der wirtschaftlich prosperierenden Stadt gebraucht.
Auch wenn es zweifelsohne eine gegenseitige kulturelle Befruchtung gab, stellt sich die Frage, ob der Mythos von Wien als toleranter Weltstadt des Fin-de-siècle im Hinblick auf die Wiener Tschechen aufrecht zu erhalten ist und bei allem Assimilierungsdruck von einer europaweit vielleicht einzigartigen gelungenen Integration gesprochen werden kann. Oder ist die vordergründige Erfolgsgeschichte vielmehr von Brüchen, Fragmentierungen und Gegenläufigkeiten – sei es durch den Druck der Mehrheitsgesellschaft oder die Veränderungen der Grenzen und politischen Systeme – bestimmt? Dieser Frage soll anhand einzelner Phänomene wie dem Kampf um die tschechischen Schulen, der sozialen Bedeutung des Sports, dem Widerstand der Tschechen im Nationalsozialismus, aber auch der Situation der Wiener Tschechen in der 2. Republik nachgegangen werden. Die Dokumentation der Ausstellung des Forschungszentrums für historische Minderheiten »Ceská Víden – Tschechisches Wien« zeigt, dass die Geschichte der Wiener Tschechen auch paradigmatisch für die Auseinandersetzung mit jüngeren Migrationsbewegungen stehen kann.
Mit Beiträgen von Karl Brousek, Gero Fischer, Peter Hallama, Michael John, Margita Jonas, Wolfgang Maderthaner, Jana Pospíšilová und Regina Wonisch.