Über das Zaudern
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Der Band dokumentiert die erweiterte Fassung der Antrittsvorlesung Joseph Vogls an der Humboldt-Universität zu Berlin.
»Der Schatten des Handelns, sein ruinöser Gegenspieler«
Der Band dokumentiert die erweiterte Fassung der Antrittsvorlesung Joseph Vogls an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ausgehend von Freuds »Moses des Michelangelo« entwickelt Vogl nicht nur eine Theorie des Zauderns, sondern stellt ein veritables Zaudersystem vor. Die Zauderfunktion tritt als kontrapunktischer Begleiter einer das Abendland prägenden Geschichte der Tat in Erscheinung. Dies läßt sich über die »Orestie« und Schillers »Wallenstein« bis zu den »Titanen« des Zauderns im 19. und 20. Jahrhundert verfolgen – ob es nun Melvilles Bartleby ist oder Musils »Mann ohne Eigenschaften«.
Das Zaudern ist dabei keineswegs als simple Suspension des Handelns zu begreifen. Vielmehr markiert es die Schwelle zwischen Handeln und Nichthandeln, an der sich ein Zwischenraum reiner schöpferischer Potenz und Kontingenz auftut. In Form unrealisierter Varianten, die sich gleich einer »Dunstschicht« um das Ereignis legen, läßt sich das systematische Zaudern methodisch für ein historisches und ästhetisches Untersuchungs- programm reklamieren. Es erweist sich als Methode der Komplikation, mittels derer sowohl historisches als auch diskursives Geschehen auf seinen Nullpunkt zurückgeführt und in seiner Setzungsgewalt revidiert werden kann. Als Welthaltung, als Geste der Infragestellung werden das Zaudern und seine Pause schließlich zum Stützpunkt, zum Operationsfeld des Diskurses selbst.