Umweg und Zugang
Der chinesische intellektuelle Diskurs (Konfuzius, Menzius, Laotse) ist ein Diskurs der Andeutung, der nicht auf Allgemeingültigkeit aus ist, sondern alle Perspektiven in eine globale Sichtweise aufnimmt und so immer in Bewegung bleibt. François Jullien befasst sich mit der Frage: Wie wird Distanz zur Quelle des Erkennens? Mit anderen Worten: Auf welche Weise verschafft der Umweg Zugang?
Als bevölkerungsreichstes Land der Erde ist China auch aus der Distanz Europas nicht zu übersehen. Doch was wissen wir über das chinesische Denken? Mit der abendländischen Geistesgeschichte ebenso vertraut wie mit der chinesischen, gelingt François Jullien der Brückenschlag. Im Vergleich mit unserer griechisch geprägten Tradition eröffnet er dem Leser ein Charakteristikum des chinesischen Denkens: Nicht nur in der poetischen, auch in der politischen Rede bevorzugen die Chinesen andeutende Ausdrücke und indirekte Formulierungen; dem direkten Zugang ziehen sie die Subtilität des Umwegs vor. Jullien zeigt, worauf diese andere Denk- und Redeweise beruht und was sie zu leisten vermag. Dabei werden theoretische Überzeugungen unserer europäischen Tradition, wie die Begriffe Wahrheit und Objektivität, in Frage gestellt.
François Jullien, geboren 1951, lehrt an der Universität Paris VII klassische chinesische Philosophie und Ästhetik, ist Direktor des UFR (Langues et Civilisations de l’Asie Orientale) und war Präsident des Collège International de Philosophie.
Sprache: Deutsch