Von der Kunst der Nestbeschmutzung
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Die Auseinandersetzung rund um Kurt Waldheim markierte einen Wendepunkt in Österreich. Was vor über zwanzig Jahren das Land umtrieb, wirkt bis heute weiter. Über den damaligen Wahlkampf, über die antisemitischen Töne, über die verschiedenen Anschuldigungen, über den einstigen Bundespräsidenten mag immer noch kein Konsens erzielt worden sein, aber unstrittig ist die Bedeutung jenes Jahres 1986 als Zäsur.
Der Mythos, Österreich sei nichts als das erste Opfer Hitlers gewesen, wurde obsolet. Die österreichische Beteiligung am Nationalsozialismus und seinen Verbrechen wurde erörtert. Mit Jörg Haider trat ein neuer chauvinistischer Populismus zutage. Die entzweite Republik wurde zum Ursprung zivilgesellschaftlicher Bewegung. Der Sammelband zeichnet jene Kämpfe nach, die immer noch nicht ausgefochten sind. Dabei kommen neue, teils unbekannte Aspekte zum Vorschein. So beschreibt etwa der international renommierte Historiker Hagen Fleischer den politischen Druck, der auf die damalige, offiziell eingesetzte »Waldheim-Historikerkommission«, der er selbst angehörte, ausgeübt wurde. Die Historikerinnen Brigitte Bailer-Galanda, Heidemarie Uhl und Sophie Lillie thematisieren die Veränderungen in den zeitgeschichtlichen Debatten über Widerstand und Formen der Erinnerung, sowie über die nach wie vor bestehenden Defizite bei der Restitution. Robert Knight und Doron Rabinovici berichten als Historiker, die zu Zeitzeugen und Akteuren wurden, über die abwehrenden Reaktionen der politischen und medialen Öffentlichkeit. Ins Zentrum des Blicks gerät hierbei der Republikanische Club – Neues Österreich, der damals entstanden ist und zu einem Fokus für neue zivilgesellschaftliche Bewegungen wurde. Das Themenspektrum des Engagements reicht weit über die Betrachtung und Einschätzung der vergangenen, zeithistorischen Geschehnisse hinaus.