Was ist anders?
Der Jahresring stellt sich der Problematik eines neu formierten Rechtspopulismus, dem Phänomen Fake News und präsentiert psychologische Forschungsergebnisse wie beispielsweise den Backfire-Effekt.
„Es gab keinen Erdrutsch. Die Akteure des Rechtspopulismus wollen uns einreden, sie seien mit überwältigenden Stimmenanteilen aus Wahlen und Referenden hervorgegangen. In Wahrheit waren ihre Erfolge weniger eindeutig. [...]
Als ich eingeladen wurde, die Gastredaktion und Gestaltung des 64. Jahresrings zu übernehmen, war mir gleich klar, dass ich den Backfire-Effekt thematisieren wollte. Backfire-Effekt wird eine psychologische Reaktion genannt, die erstmals 2006 von den amerikanischen Politikwissenschaftlern Brendan Nyhan und Jason Reifler beschrieben und untersucht wurde. Die Theorie besagt, dass Menschen, die von einer Aussage, so falsch sie auch sein mag, vollständig überzeugt sind, von Fakten und gegenteiligen Beweisen nicht umgestimmt werden können; ganz im Gegenteil verstärken diese Beweise den Glauben an den Irrtum. Der Backfire-Effekt tritt besonders stark auf, wenn es um emotionale Fragen geht, die unsere Identität und unsere politischen Überzeugungen betreffen. [...]Durch die Erfahrungen, die ich in dem letzten Jahr gemacht habe, entwickelte sich der Wunsch, die Klammer des Buchs weiter zu fassen, über die Beschreibung des Jetzt hinauszugehen, und zu untersuchen, warum heute mehr als vor zehn, zwanzig, dreißig oder vierzig Jahren die Grundfesten der offenen Gesellschaft und ihre Institutionen angegriffen werden. Was hat sich verändert? Was ist anders? Daher der Titel dieses Buchs.“ —Wolfgang Tillmans Sprache: Deutsch