Richard Prince gehört zu den herausragendsten Vorläufern der subtilen Kunst der Appropriation. Mit der Reproduktion oder, genauer gesagt, der Refotografie von Werbebildern sowie der Verwendung der Bildsprache der amerikanischen
Bibliothèque d’un amateur
Richard Prince’s publications 1981-2017
Eröffnung der Ausstellung:
Mittwoch, 15. November 2017, 19 Uhr
Salon für Kunstbuch 21er Haus
Arsenalstraße 11030 Wien
Gast im Salon: Christophe Daviet-Thery
Richard Prince gehört zu den herausragendsten Vorläufern der subtilen Kunst der Appropriation. Mit der Reproduktion oder, genauer gesagt, der Refotografie von Werbebildern sowie der Verwendung der Bildsprache der amerikanischen Populärkultur wie Western, Comic und Schundroman befragt Prince zahlreiche Elemente, die heute den Inbegriff des »amerikanischen Mythos« darstellen, von seiner Beschaffenheit bis hin zur Aufspaltung in »high« und »low«.
Prince’ Art, ein Bild zu erstellen, wirft klarerweise die Frage auf, wer der eigentliche Schöpfer des Kunstwerks ist, zumal diese »Entlehnungen« unweigerlich zu Plagiatsvorwürfen geführt haben, und des Diebstahls geistigen Eigentums beschuldigt wurden. Dazu kommen Fragen, die sich aus der weiten Verbreitung dieser Arbeiten ergeben, vor allem angesichts der Leichtigkeit, mit der Bilder heute die Welt umkreisen.
Richard Prince verwendet ein breites Spektrum populärkultureller Artefakte. Dazu gehört auch – Prince ist ja ein passionierter Sammler – seine vielbändige Zeitschriften- und Büchersammlung, insbesondere zur amerikanischen Gegenkultur, die auch seine bild- und fotokünstlerischen Arbeiten durchzieht. Zugleich nahmen eigene Bücher mit der Zeit eine immer größere Rolle innerhalb des Gesamtwerks ein.
1980 veröffentlichte er War Pictures, und 2017 erschien 90 Jokes, jeweils in New York.
Für die sogenannten »Nurse Paintings« verwendete – oder recycelte – Prince eine Unmenge an Schundromancovers, deren Bilder er reorganisierte und nebeneinanderstellte; derselbe populäre Bildfundus findet sich auch in den eigenen Büchern wieder.
Außer gefundenen Bildern, einer Populärkultur-Ikonografie, die auch Biker- und Pornomagazine umfasst, verwendet er in seinen Gemälden und Bildarbeiten aber auch Bücher aus der eigenen Sammlung.
Sie sind in seinem Werk ständig präsent. In der Serie 4x4 zeigt er zum Beispiel eine Reihe von Nabokov-Bänden aus seiner Sammlung.
In seinem 2003 publizierten Buch American / English, kontrastiert bzw. vergleicht Prince eine Reihe von Büchern in ihren amerikanischen bzw. englischen Erstausgaben. Im gleichen Jahr fotografiert er eine Auswahl an Büchern, von denen er mit einer Ausnahme nur das Cover zeigt. Die Ausnahme ist Jacqueline Susanns Valley of Dolls, das bei seinem Erscheinen in den 1960er-Jahren ein Riesenbestseller war. Von ihm ist die Seite mit der persönlichen Widmung der Autorin zu sehen … Durch die Verwendung von Buchständern, wie sie in Schaufenstern von Buchläden gebräuchlich sind, verstärkt er die Vertikalität der Präsentation.
Das Buch, das so entsteht, wird damit selbst zu einer Art Verzeichnis oder Bibliothek, wobei nur die Bilder der Cover zu sehen sind, meist in strenger Reproduktion, d.h. aufrecht und von vorne, so als bestünden alle diese gesammelten Bücher aus nichts als ihrem Umschlag und als ginge es um eine reine Trophäensammlung.
Das ursprüngliche Buch wird damit auf ein Bild reduziert; es wird zur reinen Oberfläche, ähnlich wie ein Gemälde.
Man könnte darin eine Art Motiv erkennen.
Das Bild des Buches ist damit beinahe wichtiger geworden als das Buch selbst und repräsentiert in dieser erstarrten Form des Standbilds auch die Konservierung des wertvollen Objekts – die Dauerbeschäftigung jedes wahren Büchersammlers.
Diese herausragende Stellung der Oberfläche ist letztlich nichts anderes als der Kult des Bildes, das Bild des Bildes, eine sich ständig weiterdrehende Spirale, die geradewegs in die Gegenwart führt, zu Pininterest und Instagram.
Um Walter Benjamins berühmte Formulierung ein Stück weiterzutreiben: Wir befinden uns heute wohl im Zeitalter der unendlichen »Postreproduzierbarkeit« des Bildes.
Kuratiert von Bernhard Cella und Christophe Daviet- Thery
Ausstellungsdauer: 16. November 2017 bis 17. Januar 2018
Richard Prince wurde 1949 in Panama City geboren und lebt in New York City.
Christophe Daviet-Thery ist Verleger und Buchhändler in Paris. Die Galerie Daviet-Thery eröffnete 2001 mit dem Vorhaben, Bücher von KünstlerInnen der Gegenwart zu verlegen und zu verbreiten. Bisher sind 34 Publikationen erschienen. www.daviet-thery.fr
Der von Bernhard Cella konzipierte und entwickelte Salon für Kunstbuch im 21er Haus – Museum für zeitgenössische Kunst ist weltweit der erste Museumsshop, der als künstlerische Intervention geführt wird. In regelmäßigen Abständen finden im Salon für Kunstbuch Vorträge, Buchvorstellungen, Performances und Ausstellungen statt. Im Rahmen dieser gleichberechtigt neben der ästhetischen Form stehenden Veranstaltungen lotet Cella die Beziehungsfelder der aktuellen Kunstproduktion aus und schafft einen Raum für gesellschaftliche Diskurse. www.salon-fuer-kunstbuch.at www.cella.at
copyright: Richard Prince and Bywater Bros. Editions